Teenie-Eltern: Wir wissen, wie das geht!

Sechs Eltern-Instinkte, die alle Teenie-Eltern kennen - Oder: Wie wir unsere Eltern-Superkräfte für die Teenie-Zeit wiederentdecken und nutzen können

 

Hand aufs Herz, liebe Teenie-Mama oder Teenie-Papa: Kennt du das Gefühl, dass sich dein innerer Eltern-Kompass irgendwie verschoben hat und dir nicht mehr immer ganz zielsicher den richtigen Weg weist? Dass dir irgendwie die Orientierung abhanden gekommen ist, seit dein Kind ein (Pre-)Teenie ist…?

Damals, als sie noch klein waren, wussten wir meist instinktiv, was zu tun ist: Das Baby quengelt? – Ein klarer Fall für uns: Hunger! Müdigkeit! Überreizung! Wir haben ihre Bedürfnisse oft im Schlaf gelesen, meist mit Engelsgeduld reagiert und waren einfach da.

Doch irgendwo auf dem Weg vom Kleinkind zum Teenager scheint diese Sicherheit verloren gegangen zu sein.  

Und heute? Da ist alles viel komplexer und wir fragen uns des Öftern, ob wir unser Kind überhaupt noch verstehen oder ob es mit seinem «Du checkst eh nichts, Mama!» vielleicht doch recht hat. Wir beobachten, wie unsere Reaktionen alles noch schlimmer machen (und uns an unsere eigenen Eltern erinnern) und staunen über unsere Fähigkeit, jede (!) noch so kleine Tretmine ebenso blind wie zielsicher auszulösen.

Aber halt! Unsere Eltern-Instinkte, die uns quasi als Superkräfte durch die Kleinkind-Zeit getragen haben, sind noch da – wir müssen sie nur wieder neu entdecken!

Lass mich dir das anhand dieser sechs Instinkte & Fähigkeiten aufzeigen und deinen Superkräften auf die Sprünge helfen:  

 

1. Verhalten lesen statt persönlich nehmen

Als unsere Kinder klein waren, lief das noch wie geschmiert: Ein Schreien, ein Weinen, ein Grummeln – und wir wussten sofort, was los war. Bauchweh, Windeln voll, Langeweile, überstimuliert.

Wir haben das Verhalten unserer Kinder gelesen, weil es ihre einzige Sprache war. Und wir haben dabei gelernt, hinter die Kulissen des Verhaltens zu schauen und ihre Bedürfnisse zu lesen.

Bei Teenagern sieht die "Kommunikation" anders aus: Sie verwerfen die Arme, ziehen sich zurück, verdrehen die Augen oder «schnauben uns an», indem sie demonstrativ laut durch die Nase ausatmen. – Und wie reagieren wir? Oft fühlen wir uns persönlich angegriffen, empfinden es als Respektlosigkeit und reagieren entsprechend darauf. Statt dass wir auch hier hinter die Kulissen schauen, denn Verhalten ist immer nonverbale Kommunikation. Auch beim Teenie, der in dem Moment nicht in Worte fassen kann, was in ihm/ihr vorgeht, weil er/sie einfach grad überfordert ist oder – noch wahrscheinlicher - selbst nicht weiss, was los ist und wieso sie/er gerade so reagiert hat.

Wenn wir hier unsere Fähigkeit des Lesens bewahren, einen Schritt zurück machen und unser Kind und die ganze Situation von aussen betrachten, bleiben wir im Lead und lassen uns nicht von den Emotionen unserer Kids mitreissen oder gar triggern.

2. Unreife erkennen

Erinnerst du dich, als uns unsere Kleinkinder doof oder gemein nannten, ja, dass sie weggehen und nie (nie!) mehr wieder kommen würden, weil es keinen zweiten Keks gab? Haben wir das wörtlich genommen? Natürlich nicht! Wir haben ein unreifes Kind gesehen, das gerade alle ihm zur Verfügung stehenden Hebel bediente, um seinen Frust auszudrücken.

Bei Teenagern ist das anders. Wir lassen uns schnell blenden von ihrer manchmal herablassende Attitüde, ihrer wachsenden Eloquenz oder ihrer Fähigkeit, zu argumentieren (oder es zumindest zu versuchen). Dann sehen wir nicht mehr den unreifen Teenie vor uns, dessen frontale Hirnrinde wegen Umbau gerade geschlossen ist und ihn unmittelbar ins Reifealter eines Kindergartenkindes zurückversetzt hat.

Stattdessen nehmen wir unser Gegenüber für quasi-erwachsen & voll und seine beleidigende Kommunikation wortwörtlich & ernst. Wir lassen uns triggern und reagieren im dümmsten Fall selbst (genauso) unreif.

Wir dürfen uns weiterhin zugestehen, die reife Person im Raum zu sein, die hinter die Teenie-Attitude-Kulissen schauen und ihre Unreife zu sehen kann (ohne sie gegenüber dem Teenie zu benennen, natürlich!). Und ja, die Unreife des Teenagers sehen und selbst reif(er) reagieren, ist eine Herausforderung. Absolut. Und: Wir wissen seit der Kleinkindzeit, wie das geht!

3. Emotionale Co-Regulation: Dein Nervensystem als Rettungsanker

Dieser Umgang mit kleinen Kindern ist ein Klassiker: Wenn sie weinen, schreien oder wüten, können resp. konnten wir ihnen nur beistehen, indem wir selbst innerlich ruhig blieben – in unserer Haltung, in unserer Stimme. Wir haben ihnen quasi unser reguliertes Nervensystem geliehen, bis ihr eigenes sich wieder beruhigt hat. Das ist emotionale Co-Regulation in Reinkultur.

Und bei Teenies, wenn sie "hochfahren", völlig durch den Wind sind oder eine ausgewachsene Krise schieben? Das wirkt auf uns oft überflüssig, theatralisch, überhöht oder altersunangemessen. Wir versuchen es wie mit Erwachsenen mit Logik und Argumenten und merken nicht, dass wir gegen Wellen von Emotionen nicht ankommen, wenn wir den Kopf ansprechen (schon gar nicht, wenn der grad umgebaut und zeitweise geschlossen ist). Der Impact ist bestenfalls Fall Null, liegt vermutlich aber eher im Minus-Bereich. - Und dann? Nicht selten verlieren wir selbst die Fassung.

Aber ob du’s glaubst oder nicht: Auch unsere Teenager brauchen ein Gegenüber mit einem regulierten Nervensystem. Wenn der Sturm tobt, ist unsere innere Ruhe ihr einziger sicherer Hafen.

 

4. Wohlwollende Vernachlässigung: Freiheit mit Sicherheitsnetz

Als unsere Kinder klein waren, haben wir sie immer mal wieder kurz allein im Wohnzimmer oder später im Zimmer gelassen – und war’s nur, um zu kochen oder etwas im Haushalt zu erledigen. Wichtig dabei war: Hörweite und ein kindersicheres Zimmer. Wenn das Kind unruhig wurde, zu weinen begann oder aufhörte zu plaudern und es ganz still wurde, waren wir im Nu da. Das war wohlwollende Vernachlässigung resp. bewusstes Nichteingreifen: Freiraum geben, aber jederzeit verfügbar und zur Stelle sein, wenn sie uns brauchen. Wir wussten, dass ihnen dieser Freiraum nicht schadet, sondern gut tut – ja, dass sie sich und die Welt so entdecken.

Teenies brauchen diese Autonomie und diesen gehaltenen Raum ebenso, wenn nicht sogar noch mehr! Doch nicht selten signalisieren sie uns, dass sie uns nicht brauchen ("Du checkst ja eh nichts!"). Das sind aber oft nur Momentaufnahmen. Die Tür, die eben noch zuknallte oder stundenlang verschlossen blieb, kann plötzlich wieder offenstehen, weil sie doch eine Frage haben oder Nähe suchen.

Diese Balance zwischen Präsenz und wohlwollender Vernachlässigung ist manchmal knifflig, ja, und je nach Teenie-Tagesform sieht sie ganz anders aus. Aber wir dürfen uns nicht dazu verleiten lassen, loszulassen und aus- oder abzukoppeln! Die Grundhaltung bleibt gleich wie damals bei den Kleinkindern: Freiraum lassen und gleichzeitig signalisieren, dass wir jederzeit emotional erreichbar sind (und zwar absolut frei von sarkastischen Untertönen).

5. Die Freude am Elternsein: Wo ist das Staunen geblieben?

Erinnerst du dich an das Staunen über die perfekten Fingerchen des Neugeborenen? An die unbändige Freude über jedes Lächeln, jeden Laut, jeden kleinen Entwicklungsschritt? Wir haben jeden noch so winzigen Fortschritt registriert und gefeiert und uns einfach über unsere Kinder gefreut.

Und bei Teenagern? Oft beschränken sich unsere Interaktionen auf Aufforderungen ("Räum dein Geschirr weg!"), Fragen ("Wann kommst du nach Hause?"), Zurechtweisungen ("Wir hatten doch abgemacht, dass...") oder Kritik ("So gehst du doch nicht etwa aus dem Haus…?").

Doch auch bei Teenagern gilt: Das, was du nährst, gedeiht. Wo ist die Freude, das Staunen, das Feiern geblieben? Wann hast du dich das letzte Mal hingesetzt und gestaunt über das, was aus dem kleinen Baby von einst geworden ist? Ich weiss, der Alltag mit Teenies bietet oft wenige Schnittstellen und wenig Spielraum fürs Feiern und Freuen. Aber wenn wir sie schaffen oder uns einfach nehmen, finden wir immer Momente, in denen wir das wahrnehmen und anerkennen können, was gut läuft, was uns begeistert und was sie grossartig machen. Und wir dürfen uns auch immer wieder staunen und uns an und mit ihnen freuen.

6. Die Fürsorger-Rolle: Begleiten statt Befehlen

Ist es nicht erstaunlich, wie unterschiedlich wir auf die "Fehler" unserer Kinder reagieren, je nach Alter. Erinnerst du dich ans Laufen-Lernen? Bei Kleinkindern sehen wir jeden Fehltritt als Teil des Lernprozesses, jedes Stolpern als Training, dank dem sie mit der Zeit besser werden.

Und bei Teenies? – Wenn’s nicht rund läuft, bei Fehlverhalten oder «Misstritten», sind wir schnell dazu verleitet, sie als egoistisch, vergesslich, unmotiviert oder uneinsichtig abzustempeln.

Dabei wissen wir als Eltern ganz genau, dass unsere eigentliche Aufgabe darin besteht, zu behüten und zu fördern. Wenn wir uns bei den Kleinen fragen, wie wir sie am besten unterstützen können, drehen viele bei Teenagern das Drehbuch um und fragen: "Warum können sie nicht einfach einmal...?" – Nach all den Jahren voller Windelnwechseln und durchwachter Nächte, in denen wir uns zurückgenommen und unsere Hobbies hinten angestellt haben, steht nun oft das im Vordergrund, was WIR von ihnen brauchen: mehr Respekt, mehr Anerkennung, mehr Mithilfe….

Aber Elternschaft bedeutet «Im-Alpha» zu sein, auch bei Teenies. Sie wollen sich von uns unterstützt fühlen und uns auf ihrer Seite wissen. Und sie brauchen uns als Kraftanker und Coaches - als Förderer, nicht als Forderer.

 

 

Unsere Superkräfte sind da – wir müssen sie nur nutzen!

Vielleicht hast du beim Lesen dieser Punkte genickt und das Gefühl gehabt: "Ja, genau so war es doch früher!" Das ist grossartig, denn es zeigt, dass diese Superkräfte in dir angelegt sind. Sie sind nicht verschwunden, sondern warten nur darauf, wiederentdeckt und neu angewendet zu werden. Natürlich ist alles etwas komplexer mit Teenies als mit Babies und Kleinkindern, schon klar. Aber glaub mir: Gerade wenn es hoch zu und her geht und wir aus dem Moment heraus reagieren müssen, brauchen wir unsere Instinkte!

Ich wünsche dir viel Freude bei Wiederentdecken!

Und: Wenn du gerne gemeinsam mit mir auf diese Reise gehen und so richtig tief & begleitet eintauchen möchtest, sei gerne dabei bei meinem Intensiv-Kurs «Teenager verstehen», der Mitte August startet.

 
 
 
 
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